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pdfAkAC-Standards von 2004 150.98 KB

pdfRussische Übersetzung (von Pavel Ivakhnenko und Roman Scherbilin, SI&P, Russia)241.82 KB

pdfSpanische Übersetzung (von Andreas Brinkmann, COPEME, Peru)294.74 KB

Hinweis:

Diese AC-Standards können auch als druckfreundliche PDF-Datei am Ende des Dokuments abgerufen werden.

Vorbemerkungen & Zusatzinformationen:

Die Standards im Einzelnen:
1. Auftragsklärung und Vernetzung
2. Arbeits- und Anforderungsanalyse
3. Übungskonstruktion
4. Beobachtung und Bewertung
5. Beobachterauswahl und -vorbereitung
6. Vorauswahl und Vorbereitung der potenziellen Teilnehmer
7. Vorbereitung und Durchführung
8. Feedback und Folgemaßnahmen
9. Evaluation

 

Einführung:

Der Arbeitskreis Assessment Center e.V. " Forum für Personalauswahl und -entwicklung " ist mit derzeit knapp 50 Mitgliedern und Projektmitarbeitern ein Zusammenschluss von Experten aus Wirtschafts- und Dienstleistungsunternehmen, die seit Mitte der 70er Jahre ihre Erfahrungen im Bereich Eignungsbeurteilung und Personalentwicklung austauschen, optimieren und für die betriebliche Praxis nutzbar machen.

 

Ziele des Arbeitskreis Assessment Center e.V:

Der Arbeitskreis Assessment Center e.V. hat folgende Ziele:

  • Erarbeiten und Verbessern von Methoden der qualitativen Personalarbeit, insbesondere der Mitarbeiterauswahl und -entwicklung. Dies beinhaltet die Entwicklung von Qualitätsstandards für Assessment Center und eine systematische Personalentwicklung sowie die Optimierung und Systematisierung von Instrumenten der Personalauswahl und -entwicklung.
  • Erfahrungsaustausch über die Durchführung von Assessment Centern und über Entwicklung sowie Implementierung von Personalentwicklungsmaßnahmen.
  • Entwicklung und Diskussion von Gesamtkonzepten der Personalentwicklung.

 

Ziele der AC-Standards:

Die Qualitätsstandards der Assessment Center Technik wurden 1992 entwickelt. Seit 2002 wurden sie von einer einer Arbeitsgruppe überarbeitet und aktualisiert mit dem Ziel,

  • eine zeitgemäße Grundlage für die sachgemäße AC-Praxis zu schaffen.
  • die Güte von Angeboten für die betriebliche Praxis prüfen und damit unqualifizierte Angebote erkennen zu können.
  • Transparenz und Klarheit für die Entscheider und Anwender/Praktiker zu ermöglichen.
  • die Akzeptanz der Assessment Center Methode weiter zu steigern.

Mitglieder der Arbeitsgruppe waren:
Jürgen Böhme, Reinhard Diesner, Ralph Glodek, Stefan Höft, Elmar Lammerskitten, Rainer Neubauer, Christof Obermann, Renate von Rüden

Das Copyright für die Qualitätsstandards liegt beim Arbeitskreis Assessment Center e.V. - Forum für Personalauswahl und -entwicklung.

 

Aufbau der Standards:

Insgesamt hat die Arbeitsgruppe neun Standards aufgestellt, die sich formal an dem Prozess der AC-Konstruktion und -Durchführung in der Praxis orientieren. In der nachfolgenden Darstellung wird zu jedem Standard das Kernprinzip formuliert, das den Inhalt des jeweiligen Standards umreißt und dessen Nutzen im nachfolgenden Text dargestellt wird. Anschließend werden Hinweise zur konkreten Umsetzung des Standards gegeben. Unter der Überschrift "Verstöße" wird darauf hingewiesen, welche in der Praxis auch anzutreffenden Vorgehensweisen gegen den jeweiligen Standard verstoßen. Dieser Ausschlusskatalog markiert Verhaltensweisen, die außerhalb der Akzeptanz liegen.

Die Standards wurden von der Arbeitsgruppe "10 Jahre AC-Standards " und wie geht es weiter?" im Arbeitskreis Assessment Center in den Jahren 2002/2003 überarbeitet. Im Februar 2004 wurden sie im Gesamtarbeitskreis grundsätzlich verabschiedet und abschließend zu der hier vorliegenden Fassung redaktionell überarbeitet.

 

1. Auftragsklärung und Vernetzung

Grundsatz:

Vor der Entwicklung und Durchführung eines AC sind die Ziele und die Rahmenbedingungen des Auftrages sowie die Konsequenzen für die Teilnehmer verbindlich zu klären und zu kommunizieren.

Nutzen:

Häufig wird fälschlicherweise nach dem Motto verfahren: "Lass" uns ein AC entwickeln, viele Aspekte klären sich dann später von selbst." Der Nutzen verpufft jedoch, wenn sich später bei Teilnehmern oder Beteiligten Widerstände aufbauen, z.B. die zu fördernden Nachwuchskräfte die Teilnahme als Strafe empfinden oder das Mittelmanagement eine Entmachtung bei bisher autark getroffenen Personalentscheidungen befürchtet. Nur durch eine geeignete Einführungsstrategie kann der angestrebte Nutzen umgesetzt werden. Die Klärung kann auch ergeben, auf ein AC ganz zu verzichten.

Umsetzung:

  • Klärung des unternehmerischen Auftrages " welche unternehmerische Nutzenstiftung wird angestrebt, z.B. stärkere Bindung von wichtigen Mitarbeitern, Abbau von Bereichsegoismen oder zentrales Screening von Potenzialkandidaten.
  • Wer ist der interne Kunde des Auftrags? Wie kann sichergestellt werden, dass die Machtpromotoren der Organisation hinter diesem Auftrag stehen?
  • Welchen Einfluss soll die AC-Einführung auf die Kultur der Organisation haben " was ist die Botschaft an die Organisation?
  • Festlegung von notwendigen Rahmendaten: Ziele, Ressourcen, Budget, Zeithorizont der Einführung.
  • Wie sieht der gesamte Prozess aus, in den das AC eingebunden ist, z.B. welche Gewichte haben einerseits AC und andererseits Meinung des Fachvorgesetzten, z.B. welche Konsequenzen gibt es für die Teilnehmer?
  • Bei internen Auswahl-AC gibt es immer Verlierer; wie soll mit dieser Problematik umgegangen werden?
  • Welche Maßnahmen sollen sich an das AC anschließen? Was geschieht mit den Daten? Welche Gültigkeit soll ein AC-Ergebnis haben? Welche Maßnahmen sind geplant im Hinblick auf Besetzungsentscheidungen oder Förderung der Mitarbeiter?

Verstöße:

  • Mogelpackungen: Einerseits Mitarbeiterförderung im Sinne von "Orientierungsseminaren", wenn eigentlich die interne Sichtung und Auswahl von Personen gemeint ist. Andererseits "internes Auswahl-AC", das so ausgestaltet wird, dass tatsächlich keine Auswahl stattfindet.
  • AC-Einführung ohne Einbindung in Prozesse und Instrumente der Personalarbeit.
  • Unklare Positionierung gegenüber Linienvorgesetzten zu ihrer " nunmehr etwas veränderten " Rolle in der Führungskräfteauswahl.
  • Delegation aller Prozessschritte an einen internen oder externen Berater ohne Commitment der Organisation für die Umsetzung der Ergebnisse.
  • Übertriebene Auftragsklärung und Vernetzung ("wir fragen alle, wir binden alle ein").

 

2. Arbeits- und Anforderungsanalyse

Grundsatz:

Eignungsbeurteilung lässt sich nur mit einer exakten Analyse der konkreten Anforderungen sinnvoll gestalten.

Nutzen:

Im Assessment Center wird die Passung zwischen der Person einerseits und der beruflichen Tätigkeit andererseits überprüft. Vor einer personenbezogenen Diagnostik muss deshalb eine Arbeits- und Anforderungsanalyse zur spezifischen Tätigkeit erfolgen. Ergebnis dieser Phase ist die Definition eines Anforderungsprofils, in dem die erfolgskritischen Aspekte der Tätigkeit zusammengefasst werden. Die während der Analyse gesammelten Detailinformationen beschreiben die Zielfunktion und dienen darüber hinaus als Arbeitsgrundlage für die nachfolgenden Schritte im Assessment Center Konstruktionsprozess.

Umsetzung:
Die Arbeits- und Anforderungsanalyse dient

  • zur Erfassung eignungsrelevanter Arbeitssituationen und die in diesen Situationen beobachtbaren, unterschiedlich erfolgreichen Verhaltensweisen,
  • zur Erhebung der für eine erfolgreiche Tätigkeit erforderlichen Wissensbereiche, Fertigkeiten, Fähigkeiten und sonstigen relevanten Personenmerkmalen,
  • zur Festlegung von Mindeststandards zur erfolgreichen Bewältigung erfolgskritischer Situationen.

Um möglichst alle relevanten Aspekte zu erfassen, stützt sich die Analyse auf eine durchdachte Auswahl von Analysemethoden mit unterschiedlichen konzeptionellen Zugängen, Perspektiven und Menschenbildern.
Folgende Rahmenbedingungen sind zu berücksichtigen:

  • Bezugspunkt für die Analyse ist die konkrete Tätigkeit im spezifischen Unternehmen.
  • Beteiligt werden die Personengruppen, die die tatsächliche Zielebene wesentlich mitgestalten (Entscheider, Stelleninhaber).
  • Es werden definierte Unternehmensziele sowie bestehende organisationsspezifische Personal- und Personalentwicklungskonzepte integriert.
  • Neben aktuellen werden auch zukünftige Anforderungen konkretisiert und gegebenenfalls berücksichtigt.
  • Die im Profil zusammengestellten erfolgskritischen Anforderungen werden mit spezifischen Operationalisierungen und passenden Verhaltensbeispielen beschrieben.

Verstöße:

  • Verzicht auf eine Arbeits- und Anforderungsanalyse
  • Einfache Übernahme bestehender Anforderungen zu anderen Zielgruppen oder bestehender Anforderungskataloge externer Berater oder anderer Unternehmen.
  • Sammlung von allgemeinen Merkmalsnamen ohne Konkretisierung der Inhalte.
  • Einseitige Sammlung nur vergangenheitsbezogener oder nur visionärer Kriterien.
  • Verzicht auf spezifische Anforderungsanalysen zu Gunsten allgemeiner Listen von Fähigkeitsmerkmalen.
  • Alleiniger Einsatz von Arbeits- und Anforderungsanalysen, die einseitig bestimmte eignungsdiagnostische Verfahren (nur Test / nur Simulationen) bevorzugen.

 

3. Übungskonstruktion

Grundsatz:

Ein Assessment Center besteht aus Arbeitssimulationen.

Nutzen:
Ob ein bestimmtes Verhalten geeignet ist oder nicht, wird u. a. durch die Rahmenbedingungen der Aufgabensituationen bestimmt. Deshalb kann Verhalten nur im situativen Kontext realistisch beobachtet und beurteilt werden. Um eine Prognose über die Eignung eines Bewerbers auf eine bestimmte Zielfunktion treffen zu können, müssen Aufgaben und Arbeitssituationen so realistisch wie möglich nachgestellt werden. Die AC-Übungen simulieren Arbeitssituationen, die im Arbeitsalltag eines Inhabers der Zielfunktion über dessen Erfolg oder Misserfolg entscheiden.

Umsetzung:

  • Alle eingesetzten Verfahren müssen auf den Ergebnissen der Arbeits- und Anforderungsanalyse aufbauen. Sie müssen eine große Spannbreite des erfolgskritischen Verhaltens beobachtbar machen und pro Anforderung mehrfache Beobachtungschancen bieten.
  • In einem AC müssen mindestens drei verschiedenartige Arbeitssituationen simuliert werden.
  • Übungsmaterialien und Teilnehmerinstruktionen müssen vollständig ausgearbeitet sein, um die Ziele und erwarteten Ergebnisse der Übung klarzustellen und den Teilnehmern klare Handlungsorientierungen zu bieten.
  • Jede Anforderung muss in mindestens zwei Übungen erfasst werden (Redundanzprinzip).
  • Werden Rollenspieler eingesetzt, sind klare Rollenspieleranweisungen zu formulieren, die einerseits ein standardisiertes Schwierigkeitsniveau sicherstellen, andererseits ein situationsangemessenes Eingehen auf den Kandidaten ermöglichen. Darüber hinaus werden die Rollenspieler in einer Schulung auf ihren Einsatz vorbereitet.
  • In ein AC werden Nicht-Simulationen (Tests, Interviews) nur dann eingebunden, wenn Anforderungen durch Simulationen nur unzureichend erfasst werden können.
  • Alle neu entwickelten Übungen werden vor ihrem tatsächlichen Einsatz in einem AC hinsichtlich ihrer Tauglichkeit in Probeläufen mit dafür geeigneten Personen praktisch überprüft.

Verstöße:

  • Der Einsatz von Übungen, die die Anforderungen der Zielposition nicht widerspiegeln, die nichts mit der Realität der Zielposition zu tun haben (z.B. "käufliche" Postkörbe) bzw. beidem nicht gerecht werden (ethisch bedenkliche oder unangemessene Spielchen wie "NASA-Übung", "Überlebenstraining" etc.) oder Meinungsabfragen als Verhaltensstichproben ausgeben.
  • Unreflektierter Einsatz von Tests, Computersimulationen oder vorhandenen bzw. eingekauften AC-Übungen.
  • Die Überbetonung bestimmter Übungstypen aus Ökonomiegründen (z.B. Gruppendiskussionen).
  • Einsatz von Methoden, in denen der Simulationscharakter lediglich gedacht erfolgen kann, z.B. "wie würden Sie sich verhalten, wenn"", obwohl eine konkrete Simulation sinnvoll und möglich ist.
  • Die Vorgabe eines Beobachtungsmerkmals, das in der Übung nicht hinreichend beobachtet werden kann, z.B. Beobachtung des Kriteriums "Lernfähigkeit" in einer Gruppendiskussion.
  • Teilnehmerinstruktionen enthalten Verhaltensaufträge (z.B. "Verhalten Sie sich zurückhaltend") " dadurch wird die Simulation zum Schauspiel.

 

4. Beobachtung und Bewertung

Grundsatz:

Grundlage für die Eignungsdiagnose ist eine systematische Verhaltensbeobachtung.

Nutzen:

Ein Assessment Center ist durch den überwiegenden Einsatz von Arbeitssimulationen geprägt. Das protokollierte Teilnehmerverhalten in diesen Simulationen ist die zentrale Datenbasis, auf der Beobachter ihre Eindrücke und Schlussfolgerungen austauschen. Die dokumentierten Beobachtungen dienen als wesentliche Entscheidungsgrundlage für die Eignungsdiagnose und die Bestimmung des Stärken-und Schwächeprofils des jeweiligen Teilnehmers. Um zuverlässige und gültige Diagnosen zu gewährleisten, ist der Einsatz eines anforderungsbezogenen Beobachtungssystems zwingend notwendig.

Umsetzung:

  • Die Beobachtung muss anforderungsbezogen erfolgen. Die Anforderungen werden pro Übung spezifisch durch Operationalisierungen konkretisiert.
  • Das Beobachtungssystem muss die Verbindung zwischen der Beobachtungs- und Bewertungsphase schlüssig regeln. Die regelgerechte Dokumentation der Beobachtung und der Bewertung muss sichergestellt sein.
  • Zuordnungspläne regeln eindeutig, welche Anforderung in welcher Übung (Anforderungs-Übungs-Matrix) und welche Teilnehmer durch welche Beobachter (Beobachterrotationsplan) erfasst werden.
  • Jedes Verhalten jedes Teilnehmers wird in jeder Übung von mindestens zwei Beobachtern unabhängig erfasst. Jede Anforderung muss in mindestens zwei Übungen beobachtet werden (Redundanzprinzip).
  • Um Urteilsfehler durch Überlastung und Komplexität zu vermeiden, werden in jeder Übung maximal fünf (besser drei) Anforderungen erfasst.
  • Jeder Beobachter fällt gestützt auf seinen Beobachtungen unmittelbar nach jeder Übung eine unabhängige Bewertung.
  • Die Integratrion der Daten zum Gesamtergebnis erfolgt zeitnah nach dem AC, um Unstimmigkeiten schlüssig regeln zu können.
  • Die Zusammenführung der Daten erfolgt nach einem vor dem AC eindeutig definierten Vorgehen, das für alle Teilnehmer gleich angewandt wird.

Verstöße:

  • Statt konkreter Operationalisierungen werden abstrakte "Worthülsen" verwendet, die die verhaltensbezogenen Auslegung offen lassen.
  • Uneindeutige, "ad hoc"-gebildete Beurteilungssysteme, die keinen geregelten Beobachtungs- und Bewertungsablauf vorgeben.
  • Die Bewertung erfolgt abgekoppelt von der Beobachtung, indem undifferenzierte Gesamturteile ("gut", "schlecht") gebildet werden, die nur auf allgemeine Eindrücke und nicht auf Verhaltensbeobachtung zurückgeführt werden können.
  • Das Individualurteil der Beobachter wird verzerrt, indem vor der unabhängigen Bewertung ein Informationsaustausch oder eine Einflussnahme (z.B. durch ranghöhere Beobachter) stattfindet.
  • Teilnehmer werden unterschiedlich intensiv diskutiert. So werden manchmal in der Beobachterkonferenz die ersten Teilnehmer ausführlich besprochen, während Entscheidungen zu späteren Teilnehmern ohne angemessene Diskussion und übereilt getroffen werden.
  • Die Leistung der anderen AC-Teilnehmer dient als Ankerpunkt für die Bewertung eines AC-Teilnehmers.

 

5. Beobachterauswahl und "vorbereitung

Grundsatz:

Gut vorbereitete Beobachter, die das Unternehmen angemessen repräsentieren, sind am besten geeignet, fundierte und treffsichere Entscheidungen zu treffen.

Nutzen:

Wer im Rahmen eines Assessment Center als Beobachter über den beruflichen Werdegang anderer entscheidet, muss ausreichende Kenntnisse über die Zielfunktion, das Auswahlverfahren und dessen Anwendung haben. Ein umfassendes Training der Beobachter ist unverzichtbarer Bestandteil eines AC. Es muss die Beobachter in die Lage versetzen, gültige Diagnosen und fundierte Entscheidungen zu treffen. Beobachter kennen und berücksichtigen dadurch die Chancen, Risiken und möglichen Fehlerquellen des Verfahrens. Vorauswahl und Vorbereitung der Beobachter sind wesentliche Einflussfaktoren auf die Akzeptanz eines AC und der darin getroffenen Entscheidungen bei allen Beteiligten.

Umsetzung:

  • Die Beobachter aus den Fachbereichen kommen aus mindestens einer Ebene über der Zielfunktion.
  • Bei der Zusammensetzung der Beobachtergruppe ist darauf zu achten, dass die Personen das Unternehmen angemessen repräsentieren, bezogen auf Unternehmenserfahrung und fachlichen Hintergrund mit Perspektive auf die Zielfunktion.
  • Externe Berater können, je nach Unternehmenspolitik und -bedarf, die Beobachterteams ergänzen.
  • Eine ausgewogene Mischung aus erfahrenen und neuen Beobachtern ist empfehlenswert.
  • Jeder Beobachter, der zum ersten Mal an einem AC teilnimmt, besucht zuvor ein Training mit folgenden Inhalten:
    • Informationen zum eignungsdiagnostischen Konzept
    • Beschreibung der eingesetzten Verfahren
    • Darstellung der Anforderungskriterien und Zielfunktion
    • Darstellung und Training des Beobachtungs- und Bewertungsprozesses
    • Themenkomplex: Trennung von Beobachtung und Bewertung
    • Fehlerquellen bei der Beobachtung und Bewertung
    • Darstellung der Inhalte / Ziele / des Ablaufs der Beobachterkonferenz
    • Training des Feedbackgesprächs
    • Reflexion über Verantwortung und Konsequenzen der Beobachterrolle
  • Nachschulungen sind erforderlich bei inhaltlichen Veränderungen des AC, neuen Zielgruppen oder längeren Teilnahmepausen der Beobachter.

Verstöße:

  • Der vorbereitete Beobachter schickt einen nicht geeigneten Kollegen.
  • Ein Beobachter wird gegen seinen Willen zum AC abkommandiert.
  • Beobachtereinsatz ohne ausreichendes Training vor dem ersten AC.
  • Überwiegend Externe oder Sachbearbeiter wählen den Führungsnachwuchs aus.
  • Bei internen Verfahren: Beobachter ist der direkte Vorgesetzte des Teilnehmers.

 

6. Vorauswahl und Vorbereitung

Grundsatz:

Systematische Vorauswahl und offene Vorinformation sind die Grundlage für den wirtschaftlichen und persönlichen Erfolg im AC.

Nutzen:
Vorauswahl und Vorbereitung sind wesentliche Einflussfaktoren auf die Akzeptanz eines AC bei allen Beteiligten. Deshalb müssen die Auswahlkriterien zur AC- Teilnahme bereits im Vorfeld offen kommuniziert und stringent für alle Personen angewendet werden. Potenzielle Teilnehmer müssen über das Grundziel, den Ablauf und die Chancen / Risiken des Verfahrens aufgeklärt werden, um danach eine fundierte Entscheidung zur (Nicht-)Teilnahme zu ermöglichen. Zusätzliche Informationen zu den einzelnen Übungen sowie zu sinnvollen Vorbereitungsstrategien werden gegeben, um unterschiedliche Wissenshintergründe zwischen den Teilnehmern auszugleichen und das Sammeln von Erfahrungen mit der AC-Situation zu ermöglichen. Alle Maßnahmen dienen auch dazu, die Verliererproblematik zu reduzieren.

Umsetzung:

  • Die Teilnahme kann an formale, in Sinne der Eignungsdiagnostik möglichst sinnvolle Kriterien gebunden werden (z.B. vorher zu durchlaufende Arbeitspositionen, vorher zu absolvierende Vorbereitungsseminare usw.).
  • Als Vorauswahlverfahren bieten sich prinzipiell alle fundierten eignungsdiagnostischen Ansätze (Testverfahren, Vorinterviews usw.) an, jedoch nur, wenn sie einen Bezug zu den ermittelten Anforderungen der Zielfunktion aufweisen.
  • An einem AC nehmen nur Kandidaten mit realistischen Erfolgsaussichten teil.
  • Die Vorinformation der Teilnehmer erfolgt am besten standardisiert, z.B. mit Hilfe schriftlicher Unterlagen, um den gleichen Informationsstand für alle Teilnehmer zu gewährleisten.
  • Die Vorbereitung auf das AC wird möglichst durch den jeweiligen Vorgesetzten unterstützt. Sie beinhaltet kompetenzorientiertes Coaching (Fertigkeitsschulung) und grenzt sich deutlich von Täuschungsstrategien (Einstudieren von Verhaltensschablonen) ab.

Verstöße:

  • Die Vorauswahl erfolgt willkürlich und ohne System.
  • Die Nominierung durch den Vorgesetzten hält sich nicht an die vorgegebenen Kriterien (z.B. Wegloben unliebsamer Mitarbeiter, gezielte Nicht-Nominierung besonders leistungsfähiger Mitarbeiter, Nominierung der besten Fachkräfte für Führungspositionen usw.).
  • Der Vorgesetzte nominiert seinen Mitarbeiter nur deshalb für das AC, um eigene Rückmeldungen zu dessen Schwächen zu umgehen.
  • Selbstnominierte Teilnehmer erhalten keine Vorbereitung und sind somit im Nachteil gegenüber den übrigen Teilnehmern.
  • Es werden keine oder falsche Informationen zum Ziel (z.B. Auswahl- statt vorgeblichem Entwicklungs-AC) oder zu den Chancen und Risiken der Teilnahme (z.B. Auswirkungen des AC-Resultats auf die Karriereentwicklung) gegeben.
  • Zu den einzelnen Übungen werden keine klaren Zielvorgaben gegeben oder die Beobachtungskategorien werden verschwiegen.

 

7. Vorbereitung und Durchführung

Grundsatz:

Eine gute Planung und Moderation des AC gewährleisten einen transparenten und zielführenden Ablauf des Verfahrens.

Nutzen:
Das Assessment Center stellt einen komplexen und dynamischen Prozess dar, dessen Abläufe klar und transparent geregelt werden müssen. Ein verantwortlicher Moderator und geeignete organisatorische Hilfsmittel sorgen dafür, dass alle Beteiligten sich voll auf ihre Aufgabe konzentrieren können. Die professionelle Planung und Durchführung des AC sind eine Basis für Fairness und Respekt gegenüber allen Beteiligten.

Umsetzung:

  • Notwendig ist die rechtzeitige Planung der Termine, Räume und der zu beteiligenden Personengruppen.
  • Die Veranstaltung findet in Räumlichkeiten statt, die einen ungestörten und vertraulichen Ablauf gewährleisten.
  • Ein differenzierter und übersichtlicher Ablaufplan ermöglicht es allen Beteiligten zu erkennen, welche Übungen wann, in welcher Besetzung (Teilnehmer und Beobachter) und wo stattfinden werden. Bei der Planung ist zu berücksichtigen, dass die Übungen für alle Teilnehmer in vergleichbarer Reihenfolge stattfinden, um Wahrnehmungsverzerrungen durch Reihenfolgeeffekte zu vermeiden.
  • Als Rollenspieler werden nur geeignete und geschulte Personen eingesetzt.
  • Der Moderator sorgt dafür, dass der Zeitablauf und die Standards insbesondere bei Beurteilungsprozessen und bei der Beobachterkonferenz eingehalten werden. Der Moderator ist für seine Aufgaben qualifiziert und in der Lage, die Einhaltung der Standards bei den Beobachtern durchzusetzen.
  • Wartezeiten für die Teilnehmer werden möglichst kurz geplant.
  • Das Verfahren wird vor unerwünschter Informationsweitergabe geschützt, z.B. durch das Einsammeln der Übungsmaterialien am Ende jeder Übung und die Klärung der Verschwiegenheit bzgl. der Übungsinhalte.
  • Zu Beginn des AC wird über Ablauf und geltende Regeln informiert.
  • Die Teilnehmer werden (bei Verfahren mit Entwicklungscharakter) vor jeder Übung über die darin beobachteten und beurteilten Kriterien informiert.

Verstöße:

  • Es gibt keinen Moderator für das AC.
  • Hilfskräfte oder Beobachter werden als Moderatoren eingesetzt.
  • Der Moderator liest nur Übungsinstruktionen vor, steuert aber nicht die Qualität des Beobachtungs- und Beurteilungsprozesses.
  • Spontanrekrutierung von Teilnehmern, Beobachtern oder Rollenspielern.
  • Überforderung der Beteiligten durch unrealistisch enge Zeitpläne.
  • Notwendige Auswertungszeiten nach jeder Übung werden nicht eingeplant.
  • Für einen Teil der Teilnehmer findet eine Übung am Morgen statt, für einen anderen Teilnehmer dieselbe Übung erst gegen Abend.
  • Die Beobachterkonferenz wird unter großem Zeitdruck "durchgezogen".
  • Das AC findet in Räumlichkeiten statt, die allgemein zugänglich sind, wodurch es unvermeidlich zu Störungen kommt.

 

8. Feedback und Folgemaßnahmen

Grundsatz:

Jeder AC-Teilnehmer hat das Recht auf individuelles Feedback, um so das Ergebnis nachvollziehen und daraus lernen zu können. Nach dem AC sind konkrete Folgemaßnahmen abzuleiten und umzusetzen.

Nutzen:

Nur wenn jeder AC-Teilnehmer im Rahmen eines ausführlichen Feedbackprozesses wesentliche Informationen über sein individuelles Ergebnis sowie das der Entscheidung zugrundeliegende Verhalten erhält, ist die Voraussetzung dafür gegeben, dass ein Kandidat die Beobachtungen im Sinne eigener Kompetenz- und Persönlichkeitsentwicklung sinnvoll berücksichtigen kann. Wird Feedback gar nicht oder nur unzureichend gegeben, kann ein AC nur sehr eingeschränkt den vollen Nutzen für das durchführende Unternehmen entfalten. Durch hochwertiges Feedback wird die Transparenz eines Verfahrens gesteigert, was bei methodisch einwandfreiem Vorgehen zu einer höheren Akzeptanz bei allen Beteiligten führt.

Umsetzung:

  • Nach einem AC-Verfahren wird den Kandidaten ohne Ausnahme und unmittelbar Feedback gegeben. Es erfolgt auf Seiten des Teilnehmers auf freiwilliger Basis.
  • Das Feedback wird in einem persönlichen Gespräch in einem vertraulichen Rahmen zwischen dem Teilnehmer und einem bis zwei Beobachtern gegeben.
  • Der Ablauf wird durch geeignete Materialien unterstützt. Er orientiert sich aber am konkreten Einzelfall (Teilnehmer und Ergebnis).
  • Die Rückmeldung des konkreten Verhaltens stützt sich ausschließlich auf Beobachtungen aus den AC-Übungen und das Ergebnis der Beobachterkonferenz. Wesentliche Inhalte des Feedbacks sind persönliche Stärken und Schwächen im Sinne der Anforderungskriterien und, sofern das AC einer konkreten Entscheidungsfindung dient, auch die Gesamtentscheidung sowie konkrete Entwicklungsempfehlungen.
  • Aus den AC-Ergebnissen abgeleitete Entscheidungen sind so schnell wie möglich abzustimmen, zu dokumentierten und zu kommunizieren.
  • Es ist hilfreich, den Kandidaten zu einem späteren Zeitpunkt eine schriftliche Zusammenfassung der wesentlichen Punkte zu geben.
  • Vertraulichkeit und Datenschutz sind von allen Beteiligten einzuhalten.
  • Nach internen AC-Verfahren wird für jeden Teilnehmer individuell ein konkreter Maßnahmenplan erarbeitet und vereinbart, der sich an den Anforderungen der derzeitigen oder zukünftigen Funktion orientiert. Seine Umsetzung wird regelmäßig kontolliert.

Verstöße:

  • Einzelne oder alle Teilnehmer des AC erhalten kein Feedbackgespräch.
  • Das Feedback erfolgt nicht verhaltensorientiert, arbeitet mit Pauschalaussagen ("Ihnen mangelt es an sozialer Kompetenz") oder bezieht sich auf Informationen, die sich nicht auf gezeigtes Verhalten in den AC-Übungen stützen.
  • Beobachter werden systematisch aus der Verantwortung für das Feedback entlassen, indem andere Personen wie z.B. Moderatoren das Feedback geben.
  • Es werden Maßnahmen empfohlen, die weder mit dem Profil des Teilnehmers noch mit der Zielfunktion etwas zu tun haben, z.B. Führungsseminar für Fachspezialisten.
  • Maßnahmen werden weder geplant noch umgesetzt.

 

9. Evaluation

Grundsatz:

Regelmäßige Güteprüfungen und Qualitätskontrollen stellen sicher, dass die mit dem AC angestrebten Ziele auch nachhaltig erreicht werden.

Nutzen:
Jedes AC stellt eine erhebliche Investition dar. Insbesondere ein neu entwickeltes Assessment Center ist aber zunächst nur ein Hypothesengebäude über den Zusammenhang zwischen Anforderungskriterien, AC-Komponenten und Bewährungskriterien in der Praxis. Die Güteprüfung sichert diese Zusammenhänge empirisch ab und sorgt dafür, dass das Verfahren ständig verbessert und so der notwendige Aufwand legitimiert wird.

Umsetzung:

  • Zwingende Anlässe für eine empirische Güteprüfung sind:
    • Erstmalige Einführung eines AC
    • Anpassung eines bestehenden AC an eine neue Zielgruppe
    • Anpassung an nachhaltige Veränderungen in der Organisation
    • Substanzielle Veränderungen im AC-Ablauf und / oder AC-Materialien
  • Auch bei unveränderter Durchführung eines Verfahrens sind Güteprüfungen spätestens alle 2 bis 5 Jahre zu wiederholen. Für die Evaluation sind dabei folgende Perspektiven relevant:
    • Interne Struktur des Verfahrens:Verfahrensrelevante Fehler und Hemmnisse im bestehenden AC-Ablauf müssen frühzeitig erkannt und behoben werden:
      • Angemessener Schwierigkeitsgrad der einzelnen Übungen und Dimensionen
      • Ausreichender Beitrag der einzelnen Übungen und Dimensionen für das Gesamturteil
      • Angemessene Differenzierungsfähigkeit der Übungen und Dimensionen zwischen den Teilnehmern
    • Prognosegüte:Die Prüfung der Vorhersagequalität beantwortet die Frage, ob die richtigen Kandidaten ausgesucht wurden. Dabei müssen die richtigen Kriterien gewählt werden:
      • Gute Vorhersagequalität der Potenzial- / Eignungsaussagen bezogen auf Kriterien der praktischen Bewährung
      • Nachverfolgung der Förderempfehlungen aus dem AC
    • Akzeptanz und Fairness:Die Akzeptanz bildet die Grundvoraussetzung für den langfristigen Einsatz des Verfahrens und trägt zu einer positiven Außenwirkung des Unternehmens bei externen Bewerbern bei:
      • Fairness des Verfahrens für spezifische Gruppen, z.B. bei wiederholter Teilnahme oder bei Teilnehmern aus unterschiedlichen Fachbereichen und -disziplinen
      • Akzeptanz des Verfahrens bei Teilnehmern, Beobachtern und anderen berechtigt Interessierten

Verstöße:

  • Einführung und Durchführung eines neuen Assessment Centers ohne Prüfung der inneren Struktur des Verfahrens.
  • Statt empirischer Güteprüfung lediglich Bestätigung durch Akzeptanz oder positive Einzelrückmeldungen.
  • Qualitätsprüfung ausschließlich durch die Person / Institution, die das AC zuvor entwickelt hat.
  • Auswahl von Bewährungskriterien im wesentlichen unter dem Gesichtspunkt der leichten Verfügbarkeit der Daten.

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mitarbeit

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